Deutschland

Deutsche Verfassungen und Wahlrecht
Die Epoche der Restauration, vom Wiener Kongress 1815 eingeleitet, hatte die demokratischen und liberalen Bewegungen zunächst zum Erliegen gebracht. Erst mit der Juli-Revolution 1830 in Frankreich konnten die Freiheitsforderungen des Bürgertums wieder an Gewicht gewinnen. So wurden auch in Deutschland, vor allem in Süddeutschland , nach 1830 die Forderungen sowohl nach Bürger-und Freiheitsrechten, nach politischer Teilhabe, nach einem Parlament und teilweise auch nach republikanischen-demokratischen Reformen wieder lauter. So standen sich die Norddeutschen Liberalen, die zu Kompromissen mit den bestehenden Fürstenhäuser bereit waren, Süddeutsche republikanisch-demokratische Revolutionäre gegenüber.
Das schwächte die Nationalversammlung, die nach der Revolution von 1848 in der Paulskirche in Frankfurt zusammentraten. Dort wurde einen Verfassungsentwurf und einen Grundrechtekatalog erarbeitet. Die Nationalversammlung scheiterte letzendlich an den Machtverhältnissen.
Als der preußische König die ihm angebotene Kaiserkrone ablehnte und die Reichsverfassung nicht in Kraft trat, war der Versuch eine Verfassung auf demokratischem und revolutionärem Wege einzuführen, fehlgeschlagen. Das monarchische Prinzip blieb als Folge erhalten.







Auch die Verfassung des Deutschen Reiches von 1871 beruhte auf dem monarchischen Prinzip.

Verfassung des Deutschen Reiches von 1871

Nicht das Volk war der Träger der Staatsgewalt, sondern die Gesamtheit der Fürsten und Stände. Die Vertretung der Mitgliedsstaaten lag beim Bundesrat. Ihm saß der vom Kaiser ernannte Reichskanzler , bis 1890 Otto von Bismarck, vor. Der deutsche Kaiser, zugleich preußischer König war das Staatsoberhaupt, der Präsident des Bundes. Zwar wurde der Reichstag nach allgemeinen und gleichem Wahlrecht gewählt, konnte aber keinen Einfluss auf die Regierung nehmen. Schon 1869 war im Norddeutschen Bund das allgemeine und gleiche Wahlrecht für Männer eingeführt worden. Ab 1871 galt es dann auch für die Wahl zum Reichstag. Liberale, Sozial-Demokraten und Konservative bildeten die Parteien und vertraten damit verschiedene Interessen. Der Reichstag konnte den Haushalt bewilligen oder verweigern, er war jedoch nicht befugt, die Regierung und den Reichskanzler zu wählen oder abzuwählen. Die Macht lag bei Kaiser und Kanzler.

In Deutschland blieben alle Bemühungen ein Parlament und eine Demokratie zu erschaffen, ohne Erfolg. Erst im Zuge der Revolution im November 1918 fiel nach kurzem Intermezzo einer direkten Demokratie von Arbeiter-und Soldatenräten die Vorentscheidung für die Demokratie. Am 6. Februar 1919 tagte die Nationalversammlung in Weimar. Sie war im Januar aufgrund des allgemeinen, gleichen, geheimen und unmittelbaren Wahlrecht aller mindestens zwanzigjährigen Männer-und erstmals Frauen-gewählt worden. Die Weimarer verfassung trat am 14.August 1919 in Kraft.

Die Verfassung der Weimarer Republik

Mit der Weimarer Verfassung was Deutschland eine parlamentarische Demokratie. Das Volk konnte mitentscheiden und hatte an Gehör gewonnen. Zudem wurde der Reichspräsident direkt vom Volk gewählt. Die Weimarer Verfassung enthielt liberale und soziale Grundrechte. Sie gingen mit der Demokratie eine Verbindung ein.
Das Verfassungssystem von Weimar hatte eine demokratische Ordnung geschaffen, die unter normalen Umständen Funktionalität und Stabilität gebracht hätte. Doch diese Umstände fehlten im kriegstraumatisierten, von wirtschaftlichen Krisen heimgesuchten Deutschen reich. Schon 1920 löste sich die Weimarer Republik auf. Schnell zeigte sich , dass sie-für viele mit dem Makel des versailler Friedensvertrag behaftet-von Anfang an eine ungeliebte Republik gewesen war.
Die Demokratie , entstanden als Kind der Niederlage im Ersten Weltkrieg, besaß weder in der Bevölkerung noch bei den politischen und administrative Eliten ausreichenden Rückhalt. Militär , Richterschaft und Beamte waren durch die monarchisch-obrigkeitsstaatliche Tradition geprägt. Und weil es der Weimarer Republik an beherzten Demokraten mangelte, konnte sie sich nicht gegen ihre Feinde, gegen Kommunisten und Nationalsozialisten wehren. Instabile parlamentarische Mehrheiten und häufig wechselnde Regierungen stärkten die Position des Reichspräsidenten, der bereits durch die Verfassung umfassende Kompetenzen bei der Regierungsbildung, der Parlamentsauflösung und der Notverordnungsgebung besaß. Damit könnte der Präsident gegen die Parteien und das Parlament regieren. Die Verfassung konnte die Auflösung der Weimarer Republik nicht verhindern. Der Reichstag hatte seine Zustimmung zum Ermächtigungsgesetz vom 23 März 1933 gegeben, damit schien Hitler seine diktatorischen Befugnisse im Rahmen der Verfassung erlangt zu haben. Doch schon zuvor waren die Länder gleichgeschaltet und die Kommunisten verhaftet worden. Wirtschaftskrise, Massenarbeitslosigkeit, die Anfälligkeit einer ungeliebten Demokratie, ein obrigkeitsstaatliches Beamtentum sowie das Anwachsen extremistisch-totalitärer politischer Kräfte führten letztendlich zur nationalsozialistischen Diktatur. Die Weimarer Republik scheiterte auch daran, die breite Mehrheit der Deutschen den Strukturveränderungen der Demokratie Ablehnung entgegenbrachte. Der Wandel zur einer Massen-und Parteiendemokratie hatte die politische und parlamentarische Auseinandersetzungen zu einem Kampf unterschiedlicher politischer Interessen und sozialer Klassen werden lassen.



Einstieg in die Diktatur
In Deutschland, dem bis 1918 ein parlamentarisches Regierungssystem fehlte und wo die Partei der Sozialisten zeitweise ( 1878 bis 1890) verboten war, entlud sich ein Grundsatzkonflikt zwischen revolutionärem und reformerischem Weg, in dem Demokratie und Parlamentarismus auf der Strecke zu bleiben drohten. Die Demokratie und der Parlamentarismus wurden in der Weimarer Republik vom linken, wie vom rechten politischen Lager grundsätzlich in Frage gestellt und drohten so, zwischen den politischen extremen zerrieben zu werden. Die Demokratie galt in den Augen der Kritiker als schwach, ineffektiv, in sich gespalten, staatszersetzend und antinationalistisch. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Führerdemokratie zum Ideal.
Eine Form durch einen Führer geeinten und bestimmten Demokratie, der die Parteien, Pluralismus und unterschiedliche Interessen zugunsten der Vorstellung einer Schicksalsgemeinschaft zwischen Volk und Führer aufhob. Eine Gruppe konservativen Revolutionären hatten ihren antidemokratischen, antiparlamentarischen und antiliberalen Affekten freien Lauf gelassen. Die Demokratie wurde als schwächlich, der Parlamentarismus als unfähig und der Liberalismus als dekadent betitelt. Dem Nationalsozialismus fiel es leicht, die liberale, parlamentarische und gewaltenteilige Demokratie für die sozialen, ökonomischen und politischen Krisen der 1920er und 1930er Jahre verantwortlich zu machen. Das Ideal war eine Diktatur mit scheindemokratischem Anstrich.

Neuordnung nach 1945
Nur in Westeuropa konnten sich die Demokratien nach dem Zweiten Weltkrieg erneuern und stabilisieren. In Mittel-und Osteuropa hingegen setzten nach 1947 die von der Sowjetunion unterstützen und gelenkten Kommunsten ihre Vorherrschaft auf gewaltsamen Wege durch. In der Folge basierten die Volksdemokratien auf der Vorherrschaft der kommunistisch-sozialistischen Parteien und ihrer Verbündeten. Europa war somit nicht nur geostrategisch, sondern auch ordnungspolitisch geteilt, zwischen liberalen Demokratien im Westen und sozialistisch-kommunistischen Diktaturen im Osten. Dabei stellte sich die Präsenz der USA in Westeuropa als vorteilhaft heraus, um neue Demokratien zu errichten sowie Parlamentarismus und Parteiensystem stabilisieren zu können. Im Westen entstanden Mehrparteiensystemen, die sich im wesentlichen auf drei Säulen, die konservativen und die Christliche Demokratie auf der einen Seite, Die Sozialdemokratie auf der anderen Seite und die liberalen Parteien in der Mitte stützten. Die christliche-konservativen und die sozialdemokratisch-sozialistischen Parteien akzeptierten nun die parlamentarische Demokratie, sie verstanden sich überwiegend als Volksparteien, die unterschiedliche Bevölkerungsgruppen in sich integrierten.


Bundesrepublik Deutschland


Auch zeichneten sich die Nachkriegsdemokratie durch eine Stärkung von Verfassungs-und Rechtsstaat aus. In den Verfassungen wurden nachhaltige Vorkehrungen für den Schutz der Grund-Und Menschenrechte geschaffen, und die Judikative bekam ein starkes Gewicht, um über die Einhaltung dieser Rechte zu wachen. Der Kanzler kann nur durch Misstrauen gestürzt werden. Parteien erhielten eine besondere Funktion als Mittler im Prozess der politischen Willens-und Entscheidungsbildung. Die Demokratie wehrte sich gegen ihre Feinde, unter anderen mit dem Parteienverbotes. Insofern gab das Grundgerecht der Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland eine Ewigkeitsgarantie. Sie wurde zu einer Verfassungs-und Grundrechtedemokratie.

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